LH-Stv. Ackerl: “Wirtschaftskammer-Kritik an Mindestsicherung ist Verhöhnung der Sozialverwaltung und des AMS”
In ihrer heutigen Presseaussendung übt die Wirtschaftskammer Oberösterreich heftige Kritik an der steigenden Inanspruchnahme der bedarfsorientierten Mindestsicherung in Oberösterreich. “Mit der Verdächtigung der BezieherInnen der bedarfsorientierten Mindestsicherung, ‘immer mehr als Sozialakrobaten unterwegs zu sein’, bedient die Wirtschaftskammer in voller Absicht falsche und schlimme Klischees und verhöhnt die Sozialverwaltung sowie das Arbeitsmarktservice, denen unterstellt wird, dass sie ihre Aufgabe nicht mit nötiger Umsicht erledigen”, zeigt sich LHStv. Ackerl mehr als verärgert.
Mit einer äußerst tief angesiedelten Polemik werden die BezieherInnen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) verdächtigt, “immer mehr als Sozialakrobaten unterwegs zu sein” und “lieber die 843 Euro monatlich zu kassieren” statt einer “regulären Erwerbstätigkeit” nachzugehen. “Leider lässt diese aus der tiefsten Schublade gezogene Polemik entweder auf keinen Sachverstand oder ein äußerst problematisches Menschenbild schließen. Auf jeden Fall werden im Ergebnis seitens der Wirtschaftskammer schlimme und falsche Klischees über MindestsicherungsbezieherInnen bedient,” reagiert der zuständige Landeshauptmannstellverteter Josef Ackerl.
Oberösterreich verfügte im Vergleich zu anderen Bundesländer in den vergangenen Jahren über eine sehr geringe Anzahl an BMS-BezieherInnen. Dies ist unter anderem im Ausschussbericht zum Oö Mindestsicherungsgesetz (OÖ. BMSG) gut nachlesbar, wo festgehalten wird, dass OÖ nach dem Burgenland und Kärnten über die geringste Anzahl an SozialhilfebezieherInnen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung verfügt. Dass dies nicht nur an der in Oberösterreich besseren, wirtschaftlichen Lage liegen kann, zeigt die (unmittelbare) Nähe Oberösterreichs in diesem Ranking zu den Bundesländern Kärnten und Burgenland.
“Wer den Anstieg an MindestsicherungsbezieherInnen in Oberösterreich negativ thematisiert, sollte sich bewusst machen, von welch niedrigem Niveau aus dies geschieht. Dann würde der Erkenntnisprozess folgen, dass hier ein längst, überfälliger Nachholprozess von statten geht”, fordert LHStv. Ackerl. “Es liegt hier allerdings (im Jargon der Wirtschaftskammer gesprochen) der dringende ‘Verdacht’ nahe, dass es ausschließlich um billige Polemik auf Kosten der ärmsten Bevölkerungsschichten geht.” Bekanntlich liegt die Höhe auch der oberösterreichischen Mindestsicherung noch deutlich unter der Armutsgefährdungsgrenze (nach EU-SILC).
Von den rd. 8650 Personen, die im Durchschnitt im ersten Quartal 2012 in Oberösterreich BMS bezogen, waren “nur” rd. knapp 30 Prozent (2570) arbeitsfähig und erwachsen. Bei den übrigen Personen handelte es sich vorrangig um Kinder. In diesen knapp 30 Prozent sind zudem 1790 Personen mit AMS-Unterstützung und auch all jene enthalten, die aus ihrer Arbeit ein zu geringes Einkommen erzielen
(= working poor).
Das OÖ BMSG regelt zudem unter dem Titel Bemühenspflicht (§ 7) ganz eindeutig, dass BezieherInnen der BMS von wenigen Ausnahmen abgesehen (bspw. bei Arbeitsunfähigkeit) ihre Arbeitskraft einsetzen müssen (!). Und dies wird in Oberösterreich von den Mindestsicherungsbehörden äußerst konsequent umgesetzt.
Um in diesem Punkt auch die Historie zu beleuchten: Es war natürlich nicht die Wirtschaftskammer, die (entgegen vielen Befürworten) für die Pflicht zur Einsatz der Arbeitskraft im Rahmen der BMS gesorgt hat. Bereits in den gesetzlichen Vorläuferregelungen (in OÖ im OÖ SHG) war diese Pflicht sehr klar geregelt. Und zu keinem Zeitpunkt während des wirklich langen BMS-Entstehungsprozesses wurde seitens der Länder oder des Bundes ein Entfall dieser Pflicht auch nur angedacht.