Leistbares Wohnen muss Kerninhalt der neuen Bundesregierung werden
Mietpreissteigerungen belasten Klein- und MittelverdienerInnen
Am Wohnungsmarkt herrscht Marktversagen. Das ist eine der zentralen Analysen der WIFO-Studie zur österreichischen Wohnungspolitik vom Juli 2012. Die Ursachen dafür liegen darin, dass Wohnraum standortgebunden ist, hohe Produktionskosten verursacht und eine lange Produktionsdauer erfordert. Außerdem kann Wohnraum durch kein anderes Gut ersetzt werden.
Konkret formuliert das WIFO: „Eine qualitative und quantitative Versorgung mit ausreichendem und leistbarem Wohnraum kann durch den freien Markt (…) nicht gewährleistet werden und rechtfertigt daher staatliches Eingreifen.“
Dieses vom WIFO bestätigte Marktversagen ist auch für die hohen Mietpreissteigerungen der vergangenen Jahre verantwortlich: Konkret sind die Mieten in Österreich in den letzten elf Jahren deutlich stärker als die allgemeine Teuerung und als die Löhne und Gehälter angestiegen. So war der Anstieg bei den Mieten (ohne Betriebskosten) 38,5%, während die allgemeine Teuerung um 25% zugelegt hat. Die Bruttolöhne je Beschäftigtem sind mit 26% allerdings nur im Ausmaß der Inflation gestiegen. In einzelnen Ballungsräumen sind die Steigerungen noch intensiver ausgefallen. Das bedeutet, dass die Mieter gezwungen sind, einen deutlich größeren Anteil ihres Einkommens für das Grundbedürfnis an Wohnen auszugeben und sich der frei verfügbare Anteil ihres Einkommens dementsprechend verringert.
Damit nicht länger die MieterInnen die Rechnung für immer mehr Spekulation am Wohnungsmarkt zu bezahlen haben, tritt die SPÖ-OÖ mit einem konkreten Maßnahmenpaket an die neue Bundesregierung heran:
Die SPÖ-OÖ-Kernforderungen an die neue Bundesregierung beim Mietrecht sind:
- Reduzierung der Zu- und Abschläge zu den Richtwertmieten auf ausdrücklich im Gesetz genannte Gründe
- Begrenzung der Zuschläge zu den Richtwertmieten auf maximal 25 Prozent des jeweiligen Ausgangsbetrags
- Ausweitung des Vollanwendungsbereichs – inklusive Mietzinsregelungen –des Mietrechtsgesetzes
Die Mietzinsregelungen im österreichischen Bundesgesetz über das Mietrecht (MRG) werden seit vielen Jahren schleichend ausgehöhlt. Eine der zentralen Ursachen dafür sind die sogenannten “Stichtagsregelungen”.
So heißt es in § 1 Abs 4 Z.1 des MRG, dass für Mietgegenstände, die in Gebäuden gelegen sind, die ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel auf Grund einer nach dem 30. Juni 1953 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden sind, die Mietzinsregelungen des MRG nicht gelten. Bei solchen Gebäuden spricht man von mietrechtlichen Neubauten, obwohl diese tatsächlich bereits bis zu 60 Jahre alt sein können. Diese Stichtagsfristen wurden auch nie angehoben, weshalb der Anteil des Gebäudebestands, der unter diese Regelungen fällt, von Jahr zu Jahr abnimmt.
Soweit es sich um Mietgegenstände handelt, die im Wohnungseigentum stehen, ist die Situation sogar noch schwieriger für die MieterInnen: Dort gilt der Stichtag mit 8. Mai 1945 (der Tag, an dem der Zweite Weltkrieg in Europa geendet hat) und es wird auch nicht auf die Zuhilfenahme öffentlicher Mittel abgestellt. Für Mietgegenstände, die im Wohnungseigentum stehen, gelten deshalb in der Praxis kaum mehr die MRG-Mietzinsregelungen. Diese Entwicklung wird auch von den MieterschutzexpertInnen der Oö. Mietervereinigung bestätigt. Dort heißt es, dass es in Oberösterreich immer weniger Mietverhältnisse gibt, für die MRG-Mietzinsregelungen gelten. Der Anteil liegt bereits unter 25 Prozent.
Um die hohe Zersplitterung des Mietrechts und das eigenartige Abstellen auf Stichtagsfristen, die den Nachwehen des Zweiten Weltkriegs entstammen, zu beenden, tritt die SPÖ für eine bereinigende Mietrechtsreform ein. Das Ziel muss dabei mehr Übersichtlichkeit für die Betroffenen und ein breiter Anwendungsbereich der gesetzlichen Schutzbestimmungen sein.
Grafik: WIFO 2012, Instrumente und Wirkungen der Österreichischen Wohnbaupolitik
Wie das WIFO mit dieser Grafik eindrucksvoll belegt, stellt das derzeitige System der Richtwertmieten keine taugliche Preisbremse für Mieten dar. Die in der Theorie gesetzlich geregelten Richtwertmieten sind im Schnitt sogar höher (!) als die frei vereinbarten Mieten. Die Ursachen dafür liegen in der schwammigen gesetzlichen Regelung und am Marktversagen am Wohnungsmarkt.
Ein weiteres dringendes Problem in der Mietrechtspraxis ist der hohe Anteil an befristeten Mietverhältnissen, in der Regel auf drei Jahre. Diese 3-Jahres-Verträge sorgen für Zusatzkosten bei MieterInnen durch neuerliche Vergebührung und zum Teil sogar erneute Maklerkosten bei der Verlängerung des Mietvertrags – meist auf weitere drei Jahre. Zudem wird im Zuge einer Verlängerung häufig der Mietpreis erhöht, was dazu beiträgt, dass die grundsätzlich nur inflationsgesicherten Mietzinse seit Jahren deutlich über der Inflationsrate ansteigen. Im Anwendungsbereich der gesetzlichen Mietzinsregelungen ist für eine Befristung ein 25-prozentiger Preisabschlag vorgesehen – eine Regelung, die durch den immer kleiner werdenden Anwendungsbereich der gesetzlichen Mietzinsregelungen, ebenso schleichend entwertet wird. Aus Sicht der SPÖ-Oberösterreich muss die neue Bundesregierung diese für tausende MieterInnen in Österreich grob nachteilige Entwicklung jetzt aufgreifen und dringend Reformmaßnahmen setzen.
Mehr Öffentlicher Wohnbau ist wirksame Preisbremse
Im Vergleich der Vermietertypen zeigt sich, dass die Mietpreissteigerungen bei Wohnungen privater Vermieter allein im Zeitraum 2005 bis 2011 mit +27,9% doppelt so hoch ausgefallen sind, wie jene von Gemeindewohnungen (+13,7%) und Wohnungen gemeinnütziger Bauvereinigungen (+13,4%). Bei jenen Mietverhältnissen, die mit privaten Vermietern im Jahr 2011 neu abgeschlossen wurden, erreichte die durchschnittliche Miete die Höhe von acht Euro pro Quadratmeter (ohne Betriebskosten). Rechtfertigungsversuche für diese hohen Mietpreise gehen häufig in Richtung hoher Anschaffungs- und Erhaltungskosten. Die WIFO-Studie hat jedoch gezeigt, dass vielmehr Spekulation im Spiel ist, was etwa der um 153 Prozent gestiegene Preis für Wiener Zinshäuser im Zeitraum von 2000 bis 2010 belegt.
Wie groß der Unterschied zwischen Privatmieten und Mieten von Gemeinnützigen Bauvereinigungen und Gemeinden ist, belegt folgende Aufstellung: Mieten von Gemeinnützigen und Gemeinden sind im Schnitt um ein Viertel billiger!
Grafik: WIFO 2012, Instrumente und Wirkungen der Österreichischen Wohnbaupolitik
Um die öffentlichen und gemeinnützigen Säulen am Wohnungsmarkt zu stärken, fordert die SPÖ-Oberösterreich von der neuen Bundesregierung einen deutlichen Ausbau der Wohnbauförderung:
- Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbaumittel des Bundes und auch der Rückflüsse aus den Wohnbaumitteln (keine weiteren Darlehensverkäufe zur Budgetbehübschung)
- Schrittweise Anhebung der Bundeswohnbaumittel, die von 1996 bis 2008 nicht valorisiert worden sind
- Verbreiterung der Beitragsbasis – durch Einbeziehung weiterer Erwerbsgruppen oder Umstellung auf eine Wertschöpfungsabgabe
In den Genuss einer Wohnbauförderung kann jede in Österreich lebende Person kommen, sofern sie die nach dem jeweiligen Landesgesetz notwendigen Voraussetzungen (Einkommensgrenzen, rechtmäßiger Aufenthalt,…) erfüllt. Die dafür zur Verfügung stehenden Budgetmittel werden jedoch zu einem großen Teil von den ArbeitnehmerInnen und ihren ArbeitgeberInnen mittels Wohnbauförderungsbeitrag (je 0,5 Prozent der Bruttolohnsumme) aufgebracht. Im Sinne einer gerechteren Verteilung der finanziellen Erfordernisse muss daher die Beitragsbasis der Wohnbauförderungsmittel des Bundes erweitert werden. So könnten beispielsweise neben den ArbeitnehmerInnen auch andere Erwerbsgruppen, die zwar Wohnbauförderungen in Anspruch nehmen können, bis dato aber keine Wohnbauförderungsbeiträge geleistet haben, herangezogen werden. Eine weitere Möglichkeit bestünde in einer gänzlichen Umstellung auf eine Wertschöpfungsabgabe, durch die auch der Faktor Arbeit steuerlich entlastet würde. Durch die Einbeziehung zusätzlicher Komponenten wie Abschreibungen, Gewinne, Kapitaleinkünfte, Mieten und Pachten könnte die Bemessungsgrundlage für Abgaben, aus denen auch Wohnbauleistungen finanziert werden, erheblich verbreitert werden.
Wie wichtig der Bevölkerung die Wohnbauförderung und deren Zukunftssicherung ist untermauert eine aktuelle Umfrage des Forschungsinstituts Karmasin, in der sich mit 59% eine überwältigende Mehrheit für den sofortigen Beschluss der Zweckwidmung der Wohnbaufördergelder ausspricht.