Beim Politischen Aschermittwoch der SPD im bayrischen Vilshofen hat SPÖ-Vorsitzender, Bundeskanzler Kern gemeinsam mit SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz ein deutliches Zeichen für ein starkes Europa, gegen Rechtspopulismus und für gesellschaftlichen Zusammenhalt gesetzt.
Rund 5.000 Besucherinnen und Besucher – so viele wie noch nie – sind zum traditionellen Politischen Aschermittwoch der SPD nach Vilshofen in Bayern gekommen, um den Reden des designierten SPD-Chefs und SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz und des SPÖ-Vorsitzenden, Bundeskanzler Christian Kern beizuwohnen. Unter Standing Ovations hielten beide Plädoyers für ein starkes Europa, eine starke Sozialdemokratie und Solidarität zwischen den Ländern.
Rechtspopulisten haben keine Lösungen
Kern hob die besondere Beziehung zwischen Österreich und Bayern hervor. „Und, was wichtig für Europa ist: dass wir ab September in Österreich und in Deutschland einen roten Bundeskanzler haben werden!“ Eine Gemeinsamkeit seien rechtspopulistische Parteien als Kontrahenten, die AfD in Deutschland und die FPÖ in Österreich. Am Beispiel Kärntens, das fast in Konkurs gegangen wäre, sehe man, „was passiert, wenn man glaubt, dass Rechtspopulisten Lösungen haben. Die Genossen sammeln jetzt die Scherben auf und sanieren das Land.“ Der Bundeskanzler betonte: „Wer Rechtsdemagogen wählt, wählt rechtsdemagogische Politik: Für Reiche gibt es Sekt und Kaviar, für Arme eine Mauer.“
Wichtig sei es, eigene Alternativen vorzustellen. „Wir stehen vor einer Zeitenwende, Veränderungen in Gesellschaft und Wirtschaft brechen über uns herein, dabei gibt es zwei entscheidende Kräfte – Globalisierung und Digitalisierung“, erklärte Kern. Die Globalisierung sei eine positive Entwicklung, sie habe Armut und Kindersterblichkeit reduziert und Demokratien gestärkt. Auch die Technologieentwicklung bringe Positives, etwa im Gesundheitsbereich oder in Sachen Energieeffizienz. Es sei wichtig, diese Phänomene aktiv zu gestalten. Eine historische Erkenntnis sei: „Wir Sozialdemokraten waren immer dann stark, wenn wir uns an die Spitze der Veränderung stellten. Wir müssen das wieder tun.“
Unsere Aufgabe: ein solidarisches Gesellschaftsmodell
Eine Schattenseite der Globalisierung sei, dass das Leben in der Mittelschicht unter Druck gerate, viele Menschen seien von Abstiegsängsten geplagt. Reallöhne stagnieren, die Arbeitslosigkeit sei hoch, fast ein Viertel der ArbeitnehmerInnen sei in prekären Beschäftigungsverhältnissen, so viele wie nie können von ihrer Arbeit nicht leben. Die Mittelschicht habe den Eindruck, auf der Strecke zu bleiben. „Was sollen sich die Menschen denken? Was sollen sich KMU denken, die brav Steuern zahlen, wenn sie sehen, wie internationale Multis es sich richten und ihre Pflicht an Gesellschaft nicht entrichten?“ Die Menschen sind zornig, wenn es sich die Großen richten und die Kleinen draufzahlen. „Das zerfrisst die Gesellschaft und die Solidarität leidet darunter, am Ende werden Ärmste gegen Allerärmste gegeneinander ausgespielt“, so Kern. „Unsere Aufgabe und Herausforderung ist es, ein solidarisches Gesellschaftsmodell zu kreieren“, nannte Kern.
Die SPD habe die große Chance, den Bundeskanzler zu stellen. „Wir Sozialdemokraten kämpfen nicht nur um Stimmen, sondern um die Köpfe und Herzen der Menschen, um ihnen eine Zukunft und Perspektive zu zeigen, die ein Gegenmodell zu neoliberalen und konservativen Vorstellungen ist.“ Es sei wichtig, Konzepte zu haben. Vieles, was als Selbstverständlichkeit galt und lang erkämpft wurde, ist es nicht mehr – Friede, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit. „Unter den Rechten kriecht der Geist der Vergangenheit hoch, übelriechender Nationalismus“, verwies Kern auf Trumps besorgniserregende Ansage, wieder mehr Kriege gewinnen zu wollen.
„Daher ist unser europäisches Einigungsprojekt so wichtig, und dass wir dafür sorgen, dass der Zusammenhalt garantiert ist.“ Keine der großen Herausforderungen sei alleine lösbar, von der Migration über Beschäftigung bis hin zur Sicherheitspolitik. Da der US-Präsident und einige östliche Nachbarn Europa schwächen wollen, sei es „unser Ziel, die Interessen eines starken Europas zu vertreten“.
Starke europäische Sozialpolitik braucht starke europäische Sozialdemokratie
Es gehe auch darum, welches Europa wir wollen: „Ein Europa, in dem es unseren Kindern besser gehen wird, sie in Wohlstand und Sicherheit leben, und das allgemein gültig für alle EuropäerInnen.“ Der Brexit habe die Schwächen der EU offengelegt. „Wer von den vier Grundfreiheiten spricht, aber Lohn- und Sozialdumping meint, wird nie das Wohlstandsversprechen einlösen können“, forderte Kern mehr Solidarität der EU-Länder ein, auch im Kampf gegen Steuerprivilegien. Es brauche auch eine starke europäische Sozialpolitik, und eine starke europäische Sozialdemokratie, die nur dann funktioniere, wenn es auch eine starke deutsche Sozialdemokratie als Partner gebe.
Das Phänomen Schulz und der Aufstieg der SPD sei kein Strohfeuer, „dieses Feuer wird weiter, heller und höher lodern“, sagte Kanzler Kern, der klarstellte: „Wir stehen für eine Politik des Miteinander und gegen das Aufhetzen von Menschen, für eine Politik der Hoffnung und gegen eine Politik, die Zweifel nährt, für Weltoffenheit und gegen geistige Enge und für Heimatliebe, gegen Nationalismus.“
Schulz: SPÖ und SPD Bollwerk gegen Ausgrenzung und Nationalismus
Der frühere EU-Parlamentspräsident Schulz betonte, dass SPD und SPÖ „Bollwerk gegen Ausgrenzung und Abschottung sowie gegen Nationalismus“ seien. Der Rechtspopulismus habe für nichts eine Lösung. Mit einer Rhetorik der 20er und 30er Jahre und dem Motto „mein Land zuerst“ dürfe man nicht der Jugend die Zukunft stehlen.